Zentralabitur auf dem zweiten Bildungsweg

Der Begriff Zentralabitur ist heutzutage den meisten Menschen geläufig und hat vor einigen Jahren für eine kleine Revolution im Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland gesorgt. Noch vor einigen Jahren war es üblich, dass die Abiturprüfungen von den jeweiligen Lehrern zusammengestellt wurden und lediglich durch die Behörden genehmigt werden mussten.

Dies hatte zur Folge, dass während eines einzelnen Jahrganges in einem Bundesland ganz unterschiedliche Abiturprüfungen stattfanden. Der Wunsch nach besserer Vergleichbarkeit und Vereinheitlichung der Abschlüsse hat dazu geführt, dass das Zentralabitur eingeführt wurde.

Auch all diejenigen, die heute ihr Abitur nachholen möchten, werden mit dem Zentralabitur konfrontiert und müssen mitunter umdenken. Es lohnt sich also, die Rolle des Zentralabiturs auf dem zweiten Bildungsweg genauer zu beleuchten und dem Ganzen auf den Grund zu gehen, um vorab zu erfahren, worauf man sich mit dem Nachmachen des Abiturs einlässt.

Zentralabitur – Darum geht es

Die Frage, was es mit dem Zentralabitur auf sich hat, beschäftigt Schüler/innen des ersten Bildungsweges ebenso wie Abitur-Nachholer/innen, die den zweiten Bildungsweg nutzen. Grundsätzlich muss man wissen, dass das Besondere am Zentralabitur ist, dass dessen Aufgaben seitens der Behörden zentral vorgegeben werden.

Da Bildung in Deutschland zudem Ländersache ist, stellt üblicherweise das Kultusministerium des jeweiligen Landes die schriftlichen Abituraufgaben. Auf diese Art und Weise sind die Abiturprüfungen aller Abiturienten eines Jahrganges in einem Jahr vergleichbar, schließlich gibt es keine unterschiedlichen Prüfungen wie beim dezentralen Abitur.

Geschichte des Zentralabiturs in Deutschland

Die Bildung obliegt in Deutschland den Ländern, so dass auch die historische Entwicklung des Zentralabiturs länderspezifisch zu betrachten ist. In Sachen Bildung ist Bayern vielfach Vorreiter und stellt dies unter anderem auch in Zusammenhang mit dem Zentralabitur unter Beweis. Dieses existiert dort bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts und hat somit eine lange Tradition in Bayern. Baden und Württemberg führten das Zentralabitur ebenfalls bereits im 19. Jahrhundert ein.

Nach den Kriegsjahren wurde schließlich in den 1960er-Jahren das moderne Zentralabitur in Baden-Württemberg eingeführt. Auch im Saarland haben zentrale Abiturprüfungen eine gewisse Tradition.

Im Zuge der deutsch-deutschen Wiedervereinigung mussten die sogenannten neuen Bundesländer ihr Bildungssystem ohnehin neu strukturieren. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nutzen die Gelegenheit zur Einführung des Zentralabiturs, das in DDR-Zeiten Standard war. Lediglich Brandenburg wechselte zum dezentralen Abitur. Im Schuljahr 2009/2010 kehrte Brandenburg jedoch zum Zentralabitur zurück und führt seitdem gemeinsam mit Berlin zentrale Abiturprüfungen durch.

In den vergangenen Jahren haben sich auch Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein für das Zentralabitur entschieden. Mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz setzen demnach heute alle deutschen Bundesländer auf ein landeseigenes Zentralabitur.

Rolle des Zentralabiturs für Abitur-Nachholer/innen

Dass die zentralen Abiturprüfungen für Schüler/innen an Gymnasien und anderen Schulen, die zum Abitur führen, das Maß aller Dinge sind, steht außer Frage. Die zentrale Organisation der Abiturprüfungen bezieht sich allerdings nicht nur auf den ersten Bildungsweg. Auch all diejenigen, die ihr Abitur nachholen möchten, müssen sich zentralen Abiturprüfungen unterziehen. Sie können demnach als Lernende an Schulen für Erwachsene keine Sonderbehandlung erwarten, sondern müssen den allgemeinen Ansprüchen gerecht werden.

Es spielt demnach keine Rolle, ob Jugendliche oder Abitur-Nachholer/innen ihr Abitur machen wollen, denn die Aufgaben der schriftlichen Prüfungen werden stets von der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes vorgegeben und unterscheiden sich somit in keiner Weise.

Einerseits spielt das Zentralabitur keine große Rolle für den zweiten Bildungsweg, da es für alle Bildungswege gleichermaßen gilt, andererseits hat es durchaus für einige grundlegende Veränderungen gesorgt. Vor allem Erwachsene, die aus ihrer früheren Schulzeit noch das dezentrale Abitur kennen, müssen sich erst einmal umorientieren und vor Augen führen, dass heutzutage das Zentralabitur angesagt ist.

Welche Vorteile bietet das Zentralabitur?

Die Gründe für die Einführung des Zentralabiturs sind vielfältig, aber grundsätzlich wissen die folgenden Argumente zu überzeugen:

  • vollkommene Vergleichbarkeit der Abschlüsse
  • einheitliches Abitur auf Landesebene
  • besuchte Schule und/oder Bildungsform ist irrelevant
  • zentrale Kontrolle über die schriftlichen Abiturprüfungen

Anders als beim dezentralen Abitur können die jeweiligen Lehrer/innen keinen Einfluss auf die Gestaltung der jeweiligen Abiturprüfungen nehmen. Dadurch gilt an allen Schulen ein und derselbe Anspruch, der den hohen Wert des Abiturs sicherstellt. Zunächst können sich daraus für Abiturienten zwar große Herausforderungen ergeben, aber schlussendlich sollten sie das Zentralabitur aufgrund seiner Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit zu schätzen wissen.

Insbesondere Abitur-Nachholer/innen profitieren sehr von den zentralen Abiturprüfungen, da sie nicht fürchten müssen, im Nachteil zu sein. Selbst Fernlernende beziehungsweise reine Autodidakten kommen in den Genuss von Chancengleichheit und können sich anhand der aktuellen Lehrpläne zielgerichtet auf das Zentralabitur vorbereiten. Außerdem besteht nicht die Gefahr, dass Außenstehende annehmen könnten, das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg sei einfacher.

Wie läuft das Zentralabitur ab?

Außenstehende fragen sich vielfach, wie es funktionieren kann, dass alle Abiturienten eines Jahrganges ein und dieselben schriftlichen Abiturprüfungen zum selben Zeitpunkt schreiben. Dafür sorgt der spezielle Ablauf des Zentralabiturs, der allerdings je nach Land variieren kann.

Grundsätzlich widmen sich im Vorfeld ausgewählte Lehrer/innen der Entwicklung der Abiturprüfungen und reichen Vorschläge ein. Eine Kommission der zuständigen Landesbehörde trifft daraufhin eine Auswahl und erstellt die schriftlichen Abiturprüfungen.